Österreich ist das einzige EU-Land, das noch keinen Klimaschutzplan vorgelegt hat. Während die Folgen des Klimawandels nicht mehr zu übersehen sind, steht die ÖVP beim Umweltschutz auf der Bremse: Klimagesetz, Maßnahmen gegen Bodenversiegelung oder Lieferkettengesetz – all das versucht die Volkspartei zu verhindern.
Drei Jahre Blockade beim Klimaschutzgesetz – Jetzt droht Millionenstrafe
Das Klimaschutzgesetz, das schon seit über 3 Jahren aussteht, wird immer wieder auf die lange Bank geschoben und wird es vor den Wahlen im Herbst wohl nicht durchs Parlament schaffen. Denn 2020 ist das letzte Klimaschutzgesetz ausgelaufen und wartet seither auf eine Neuauflage. Der schwarze Klubvorsitzende August Wöginger behauptet, es würde ohnehin genug getan.
Doch die Zahlen zeigen das Gegenteil: Dass Österreich die Klimaziele der EU einhalten wird, ist bei dem derzeitigen Kurs unwahrscheinlich. Die Mitgliedstaaten haben sich zu einer Treibhausgasreduktion von 55 % bis 2030 verpflichtet. Werden die derzeitigen Maßnahmen wie bisher fortgesetzt, wird das laut Greenpeace erst 2050 passieren, 20 Jahre zu spät. Dabei wurde dieser Wert, damals von Sebastian Kurz in Brüssel, bereits deutlich nach unten verhandelt.
Außerdem hat es Österreich als einziges EU-Land verabsäumt, einen nationalen Klimaplan vorzulegen. Darin sollen die Mitgliedstaaten darlegen, wie sie ihre Energie- und Klimaziele für 2030 erreichen wollen. Im Oktober schickte das Klimaministerium zwar das Dokument fristgerecht nach Brüssel. Doch es wurde von Europaministerin Edtstadler wieder zurückgezogen. Österreich droht damit eine Strafzahlung in Millionenhöhe auf Kosten der Steuerzahler:innen.
ÖVP bremst beim Lieferkettengesetz gegen Kinderarbeit und Umweltzerstörung
Zum Glück hängt der Klimaschutz nicht immer nur an der ÖVP. Auf EU-Ebene wurde diesen Frühling das Lieferkettengesetz beschlossen. Dadurch können Unternehmen in Europa für Menschenrechts- und Umweltverstöße bei ihren Zulieferbetrieben verantwortlich gemacht werden. Doch ÖVP-Wirtschaftsminister Kocher stand bei den Verhandlungen auf der Bremse und hat gemeinsam mit einigen anderen EU-Staaten noch eine Abschwächung des Gesetzes durchgesetzt.
Aufgrund der großzügigen Ausnahmen sind nur mehr 0,2% der Unternehmen vom Lieferkettengesetz betroffen. Der Grund dafür: Das Lieferkettengesetz gilt nur für Unternehmen ab 1000 Mitarbeiter:innen und 450 Millionen Euro Umsatz. Selbst wenn es die ÖVP nicht schafft, den Klimaschutz ganz zu verhindern, werden sinnvolle Maßnahmen abgeschwächt.
EU-Verordnung zum Schutz der Wälder soll verhindert werden
Auch bei einer anderen EU-Initiative für den Umweltschutz stemmt sich die ÖVP, im Namen von Forst- und Agrarkonzernen, dagegen. Denn ab 2025 soll schrittweise die Entwaldungsverordnung in Kraft treten. Demnach soll es Unternehmen verboten werden, Produkte und Rohstoffe in der EU zu verkaufen, die von gerodeten Flächen stammen. Denn dauerhafte Entwaldung ist nicht nur für 11 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, sie hat auch ökologische und soziale Folgen.
Für Bauern und Forstunternehmen in Österreich würde sich wenig ändern. Denn der überwiegende Teil unserer Wälder würde gar nicht von der Verordnung erfasst sein, da diese bereits jetzt landwirtschaftlich genutzt werden. Dennoch ist Österreich mit Landwirtschaftsminister Totschnig (ÖVP) Teil einer Allianz aus Finnland, Italien, Polen, der Slowakei, Slowenien und Schweden, die die Verordnung verhindern will.
Ende der Bodenversiegelung abgesagt
Nicht nur auf EU-Ebene lässt die ÖVP keine Chance aus, um effektiven Klimaschutz zu torpedieren. ÖVP und Grüne einigten sich vor fünf Jahren in ihrem Regierungsprogramm darauf, die Flächenversiegelung in Österreich zu bremsen. Ziel war es, den täglichen Flächenverbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar zu reduzieren.
Doch von diesem Ziel ist Österreich weit entfernt – täglich werden noch rund 11 Hektar verbaut. Äcker, Wiesen und Wälder müssen Kreisverkehren, Einkaufszentren und Ortsumfahrungen weichen. Und das liegt nicht allein daran, dass die Bevölkerung wächst. Laut WWF ist der Flächenverbrauch seit 2000 dreimal schneller gewachsen als die Bevölkerung.
Obwohl es im Regierungsprogramm festgeschrieben ist, will die Volkspartei nichts mehr von einer fixen Obergrenze wissen. Denn das könnte „durchaus eine Bremse“ für das Wirtschaftswachstum darstellen, wie ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner erklärt. Beim Klimaschutz folgt die Volkspartei dem immer selben Muster: Zuerst werden weitreichende Maßnahmen angekündigt, um dann doch wieder im Namen „der Wirtschaft“ einen Rückzieher zu machen.
ÖVP im Rückwärtsgang beim Aus für Verbrennungsmotoren
In dieselbe Kerbe schlägt Reinhold Lopatka, ÖVP-Spitzenkandidat zur EU-Wahl: Er ist nun doch gegen das bereits beschlossene Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren. Bis 2035 sollen in der EU eigentlich keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Dem hat vor einem Jahr auch die österreichische Bundesregierung zugestimmt.
Es gibt zahlreiche Ausnahmen und bereits zugelassene Autos können uneingeschränkt weiter verwendet werden. Doch das geht Reinhold Lopatka nicht weit genug. Im Gegenteil, die EU sollte laut Lopatka sogar noch ordentlich in diese Branche investieren. Er werde sich dafür einsetzen, dass “Europas Autoindustrie zum Weltmarktführer bei Verbrennungsmotoren wird“.
Dabei ist der Verkehr der einzige Bereich, in dem der Treibhausgasausstoß in den letzten 30 Jahren zugenommen hat: um ganze 33,5 Prozent. Der Straßenverkehr macht überhaupt etwa ein Fünftel der EU-Emissionen aus – wovon wiederum 60% durch PKWs verursacht werden. Der Individualverkehr ist damit einer der ganz großen Treiber des CO₂ Ausstoßes in der Europäischen Union. Und noch dazu einer, der in den nächsten Jahrzehnten relativ leicht umgestellt werden kann. Um so unverständlicher ist es daher, dass Reinhold Lopatka und die ÖVP hier nicht nur auf der Bremse stehen, sondern auch noch rückwärts Vollgas geben.